Steuerliche Folgen eines Zinsverzichts gegenüber einer ausländischen Tochtergesellschaft

Die Klägerin, eine inländische GmbH, war in den Jahren 2003 und 2004 (Streitjahre) Alleingesellschafterin (und zugleich Organträgerin) der A GmbH mit Sitz im Inland; daneben war sie Alleingesellschafterin der C s.r.o. mit Sitz in der Tschechischen Republik.

Zur Finanzierung eines Grundstückskaufs und zur Erschließung eines Grundstücks gewährten sowohl die Klägerin als auch die A GmbH der C s.r.o. Darlehen mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einer Verzinsung von 6,3 % p.a. Sämtliche Darlehen wurden durch Erklärung vom 18.09.2003 rückwirkend ab dem 01.01.2003 sowie für die Zukunft zinsfrei gestellt.

Das Finanzamt rechnete in den Streitjahren Zinseinnahmen in Höhe von jeweils 6,3 % außerbilanziell wieder hinzu. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichtes auf und wies den Fall wegen mangelnder Sachverhaltsaufklärung an dieses zurück.

Aus den Leitsätzen der Entscheidung des BFH vom 27.11.2019 (I R 14/16, BFH/NV-2020-1307):

  1. Für das Vorliegen einer Geschäftsbeziehung i.S.d. § 1 Abs. 4 AStG kommt es seit der Neufassung durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz nicht mehr darauf an, ob die Darlehensnehmerin ihre unternehmerische Funktion mangels Eigenkapitalausstattung nicht erfüllen könnte.

Ausweislich der Gesetzesbegründung hat es für das Bestehen einer Geschäftsbeziehung keine Bedeutung, ob sie betrieblich oder gesellschaftsrechtlich veranlasst ist, ob und inwieweit ihr also betriebliche oder gesellschaftliche Erwägungen zugrunde liegen. Deshalb sollen beispielsweise u.a. auch zinslose Darlehen zu den Geschäftsbeziehungen gehören, und zwar „unabhängig davon, ob sie fehlendes Eigenkapital der Tochtergesellschaft ersetzen oder die wirtschaftliche Betätigung dieser Gesellschaft stärken sollen“ (BT-Drucks. 15/119, S. 53). Es kam deshalb im Streitfall nicht (mehr) darauf an, ob die C s.r.o. mangels Eigenkapitalausstattung ihre unternehmerische Funktion nicht erfüllen konnte. Vielmehr ist das zinslose Darlehen der Klägerin an die C s.r.o. im Rahmen einer Geschäftsbeziehung i.S.d. § 1 Abs. 4 AStG gewährt worden.

  1. Wird die Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG auf einen Zinsverzicht gegenüber einer ausländischen Darlehensnehmerin gestützt, muss dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt werden, den Nachweis für etwaige wirtschaftliche Gründe für den Abschluss des (nicht fremdüblichen) Geschäfts zu erbringen (EuGH, Urt. v. 31.05.2018 – C-382/16, Hornbach-Baumarkt, EU:C:2018:366, HFR 2018, 580). Diese Prüfung ist den nationalen Gerichten vorbehalten und vorrangig Aufgabe der Finanzgerichte.

Im Streitfall hatte das FG keine Feststellungen zu etwaigen wirtschaftlichen Gründen für den Abschluss des zinslosen Darlehens zwischen der Klägerin und der C s.r.o. getroffen. Dieses ist im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

  1. (4. Leitsatz) Aus der Formulierung „unbeschadet anderer Vorschriften“ in § 1 Abs. 1 AStG ergibt sich kein Vorrang des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Beide Vorschriften überlagern einander vielmehr in dem Sinne, dass sich eine Gewinnkorrektur nach der einen Vorschrift erübrigt, wenn sie bereits nach der anderen vollzogen wurde. Soweit die Rechtsfolgen der beiden Vorschriften nicht voneinander abweichen, kann der Rechtsanwender wählen, welche von ihnen er vorrangig prüft.

 Im Streitfall hatte das FG im Rahmen der Gewinnermittlung keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die bis zum 17.09.2003 entstandenen Zinsforderungen, auf die die A GmbH gegenüber der C s.r.o. verzichtet hat, zum Zeitpunkt des Verzichts werthaltig waren. Dieser Verzicht führt – dem Grunde nach – zu einer verdeckten Einlage der Klägerin in die C s.r.o.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Vorteilszuwendung zwischen Schwestergesellschaften so zu beurteilen, dass die leistende Tochtergesellschaft den Vorteil zunächst an die gemeinsame Muttergesellschaft – im Wege einer vGA leitet, die diesen sodann der anderen Tochtergesellschaft zuführt. Danach führt der Verzicht der A GmbH auf die entstandenen Zinsen bei dieser zunächst zu einer vGA an die Klägerin, die das Einkommen der A GmbH nicht mindern darf, § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.

Die Weiterleitung des erhaltenen Vorteils von der Klägerin an die C s.r.o. ist sodann – in Höhe des werthaltigen Teils – als verdeckte Einlage zu bewerten, die bei der Klägerin den Beteiligungswert an der C s.r.o. erhöht.

(Da der Klägerin jedoch das incl. vGA enthaltende Einkommen der A GmbH gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 KStG zugerechnet wird, ist zur Vermeidung der Doppelbelastung wiederum ein Betrag in Höhe der vGA außer Ansatz zu lassen.)

Fazit

Der BFH führt aus, dass bei grenzüberschreitenden Konstellationen Gewinnkorrekturen gem. § 1 Abs. 1 AStG oder nach anderen Vorschriften, insbesondere § 8 Abs. 3 KStG, erfolgen können. Soweit die Rechtsfolgen der beiden Vorschriften nicht voneinander abweichen, kann das FA wählen, welche von ihnen es vorrangig prüft.