BFH-Urteil vom 19.07.2022, Az. IX R 20/21
Sachverhalt:
Julia und Max Möller haben im Kalenderjahr 2011 ein Reihenhaus erworben. Der Kaufpreis belief sich auf 141.000 €.
In den Jahren 2012 – 2017 vermieteten sie einzelne Zimmer im Dachgeschoss des Hauses tageweise an Messegäste und erzielten daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Mit notariellem Vertrag vom 16.11.2017 verkaufen die Kläger die Immobilie zu einem Kaufpreis von 294.500 €. Daraufhin ermittelt die Finanzverwaltung einen steuerpflichtigen Teil des Veräußerungsgewinns bezogen auf den Anteil der Wohnfläche im Dachgeschoss. Zu Recht?
Entscheidung des BFH:
Der Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie ist steuerpflichtig, wenn er innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb erfolgt. Bei selbstgenutztem Wohnungseigentum ist der Veräußerungsgewinn allerdings steuerfrei, wenn die Immobilie
- im Zeitpunkt zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder
- im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 EStG
Der BFH entschied anders als vor ihm das niedersächsische Finanzgericht.
Die vorübergehende Vermietung einzelner Zimmer einer Wohnung schließt die „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ aus, weil der Mieter die vermieteten Räume unter Ausschluss des Vermieters nutzt. Eine räumliche oder zeitliche Bagatellgrenze für eine unschädliche Vermietung an Dritte sieht das Gesetz nicht vor.
Nur insoweit als das Merkmal „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ ausgeschlossen ist, liegt ein steuerbares Veräußerungsgeschäft vor. Unschädlich ist hingegen die Überlassung von Bad und Flur zur Mitbenutzung durch die Mieter, weil die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dadurch nicht ausgeschlossen ist.