FG Niedersachen vom 16.06.2021, Az. 9 K 276/19
Ein regelmäßig wiederkehrender Streitpunkt zwischen den Prüfern der Finanzverwaltung und den Steuerpflichtigen, respektive den Steuerberatern, ist die Ordnungsmäßigkeit der Fahrtenbücher für die Ermittlung der privaten Pkw-Nutzung.
Das FG Niedersachen hat nun mit einem Urteil vom 16.06.2021, Az. 9 K 276/19, entschieden, dass „kleinere Mängel und Ungenauigkeiten“ hinzunehmen sind und diese nicht zur Versagung der Anerkennung eines Fahrtenbuches führen können.
Nach Aussagen des Senats dürfen die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht überspannt werden. Damit schließt sich der Senat dem BFH und seinem Urteil vom 10.04.2008, Az. VI R 38/06, an.
Beispiel
Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH durfte im Rahmen des Dienstverhältnisses einen Firmen-Pkw auch für private Zwecke nutzen. Hierfür versteuerte er den geldwerten Vorteil.
Den Anteil der privaten Nutzung berechnete er aufgrund von Fahrtenbüchern. Laut den vorgelegten Fahrtenbüchern ergab sich ein Anteil für Privatfahrten in Höhe von 5,28% (2014), 4% (2015) bzw. 6% (2016).
Bei einer Lohnsteueraußenprüfung kontrollierte der Prüfer die Fahrtenbücher und versagte deren Anerkennung. In den vorgelegten Fahrtenbüchern seien als Reiseziele lediglich Ortsnamen bzw. Abkürzungen der Ortsnamen angegeben. Ergänzungsblätter hätten den Fahrtenbüchern zum Zeitpunkt der Außenprüfung nicht beigelegen. Der Prüfer wandte daraufhin bei der Berechnung des geldwerten Vorteils die sog. 1%-Regelung an.
So führen nach dem FG Urteil z. B. die Verwendung von
- Abkürzungen für Kunden und Ortsangaben,
- fehlende Ortsangaben bei Übernachtungen im Hotel,
- Differenzen aus dem Vergleich zwischen den Kilometerangaben im Fahrtenbuch und dem Routenplaner sowie
- fehlende Aufzeichnung von Tankstopps
nicht zur Verwerfung eines vorgelegten Fahrtenbuches.
Diese Aufzählung nennt jedoch nur einzelne mögliche Beispiele für „kleinere Mängel und Ungenauigkeiten“ und ist nicht abschließend. Maßgeblich ist, ob trotz der Mängel noch eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben gegeben und der Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung des Pkw möglich ist.
Zusammenfassung
Für die tägliche Praxis ist das Urteil von großem Interesse, da kleinere Ungenauigkeiten im täglichen Geschäftsleben schnell passiert sind und man bisher so immer in die Gefahr lief, die Anerkennung des Fahrtenbuchs vollständig zu verlieren. Es muss aber auch weiterhin beachtet werden, dass es sich nur um „kleinere Mängel und Ungenauigkeiten“ handeln darf, damit die Anerkennung nicht doch noch versagt werden kann. Ein Freifahrtschein ist das Urteil daher in keinem Fall.