BFH-Urteil vom 22. Februar 2021, IX R 7/20
Sachverhalt:
Die Steuerpflichtige (Mutter) vermietete eine Eigentumswohnung unbefristet an ihre Tochter. Diese lag im ersten Obergeschoss eines Hauses. Die Wohnung war 57 qm groß und beinhaltete eine Einbauküche. Der Mietzins belief sich auf 300 € zzgl. Nebenkosten in Höhe von 119 €.
Die Mutter war Eigentümerin einer weiteren Wohnung im gleichen Haus (zweites OG), ebenfalls ausgestattet mit einer Einbauküche. Die Wohnfläche der Wohnung belief sich ebenfalls auf 57 qm. Der Mieter dieser Wohnung zahlte 500 € zzgl. Nebenkosten in Höhe von 78 €.
Es kam zum Streit mit der Finanzverwaltung, da diese davon ausging, dass die Wohnung an die Tochter verbilligt überlassen sei. Im Vergleich zur vermieteten Wohnung im Obergeschoss berechnete das Finanzamt einen entgeltlichen Anteil von 64,01 %, sodass es wegen § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG zur Werbungskostenkürzung kam. 64,01 % seien weniger als 66 % der „ortsüblichen Miete“.
Entscheidung des BFH:
Die ortsübliche Miete wurde vom Finanzgericht nicht mit dem Mietspiegel ermittelt, sondern es wurde die Vergleichsmiete des weiteren Mieters im Haus herangezogen. Ein Vergleich der ortsüblichen Kaltmiete ergibt eine entgeltliche Überlassung von 89,89 %.
Der BFH stellte fest, dass das Finanzgericht gegen Rechtsgrundsätze verstoßen habe. Das Finanzgericht hat bei der Ermittlung der ortsüblichen Miete den vorhandenen qualifizierten Mietspiegel rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt. Es ermittelte die ortsübliche Miete nur anhand der Miete der Wohnung gleicher Größe und Ausstattung im selben Haus.
Der BFH nimmt mit dieser Entscheidung eine Rechtsprechungsänderung vor. In der Vergangenheit hatte er entschieden, dass für die Sachverhaltsaufklärung eine vergleichbare im gleichen Haus liegende fremdvermietete Wohnung als Maßstab für die Ermittlung der ortsüblichen Miete ausreiche, vgl. BFH Urteil vom 19.09.2008, IX B 102/08. Daran hält der BFH nun nicht weiter fest.
Praktikerhinweis:
Beachten Sie, dass § 20 Abs. 2 EStG zum 01.01.2021 geändert wurde! Die sog. Vollentgeltlichkeitsgrenze wurde herabgesetzt. Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 50 % der ortsüblichen Miete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil aufzuteilen.