BFH zur erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages

§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG

 

Der BFH entschied am 22.10.2020, AZ IV R 4/19, zu der erweiterten Kürzungsmöglichkeit, inwieweit die Weitervermietung von Grundstücken im Erbbaurecht bzw. Untererbbaurecht schädlich sein kann.

Unabhängig von der Rechtsform (Kapitalgesellschaft oder gewerblich geprägte GmbH & Co. KG) kann ein Antrag auf erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags durch den Steuerpflichtigen gestellt werden, soweit es sich um ein Grundstücksunternehmen handelt. Bei vorliegender Voraussetzung wird das Unternehmen ganz von der Gewerbesteuerbelastung freigestellt. Allerdings darf hierbei nicht gegen das sog. „Ausschließlichkeitsverbot“ im Zusammenhang mit bestimmten Tätigkeiten verstoßen werden.

Voraussetzung für die erweiterte Kürzung ist, dass lediglich eigener Grundbesitz sowie eigenes Kapitalvermögen verwaltet und genutzt wird oder daneben Wohnungsbauten betreut oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichtet und veräußert werden. Sonstige Tätigkeiten außerhalb dieses Bereichs sind für die erweiterte Kürzung insgesamtschädlich.

Sachverhalt:
Die Klägerin war Eigentümerin von Grundbesitz, insbesondere bestand eine Untererbbauberechtigung an einem Flurstück 1 sowie ein weiteres Flurstück 2 im Untererbbaurecht, an dem eine Grunddienstbarkeit für ein ausschließliches Geh- und Fahrtrecht zugunsten der Klägerin (sog. Lieferschlauch) bestellt war. Auf beiden Flurstücken wurden Hallen errichtet und beide Flurstücke wurden in einem einheitlichen Mietvertrag von der Klägerin an eine GmbH vermietet.

Die Finanzverwaltung sah die „Mitvermietung des Lieferschlauchs“ nicht als Vermietung von Grundbesitz im Sinne der erweiterten Kürzung an und versagte diese insgesamt.

Aus der Entscheidung:
Der BFH stellt zunächst klar, dass ein Erbbaurecht einschließlich des vom Erbbauberechtigten errichteten Gebäudes als „eigener Grundbesitz“ i. S. d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG anzusehen ist, da es bürgerlich-rechtlich einem Grundstück gleichgestellt ist. Ist ein Untererbbaurecht bestellt, ist dies im Verhältnis zum Erbbaurecht nicht anders zu behandeln.

Gestört hatte die Finanzverwaltung die „Mitvermietung“ des „Lieferschlauchs“. Der Lieferschlauch war vorliegend weder Bestandteil des Untererbbaurechts noch der Grunddienstbarkeit im Rahmen des Geh- und Fahrtrechts.

Nach Ansicht des BFH ist die Mitvermietung des Lieferschlauchs nur dann als kürzungsunschädlich anzusehen, wenn es sich hierbei um eine Nebentätigkeit im Rahmen der Weitervermietung des Grundstücks handelt. Eine Nebentätigkeit zum Hauptzweck der Vermietung und Nutzung eigenen Grundbesitzes ist nur dann unschädlich, wenn sie zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung des eigenen Grundbesitzes ist. Das war laut Ausführung des Bundesfinanzhofs im Urteil gegeben. Für die Anlieferung von Gütern über den Lieferschlauch bestanden aus Ansicht des BFH zwingende Gründe.

Erkenntnis:
Das Urteil zeigt auf, dass Ausnahmen vom Ausschließlichkeitsgebot möglich sind. Entsprechend unschädliche Tätigkeiten müssen der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvollen Gestaltung eigener Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen sein. Außerdem muss bezogen auf den jeweiligen Sachverhalt der Anteil der Nebentätigkeit lediglich gering sein.